Martin Walser nachrufen ...
mit dem Anfang aus „Vormittag eines Schriftstellers":
„Von einer Reise ist man noch nicht zurück, wenn man wieder zu Hause angekommen ist. Man ist nicht schon allein, wenn man die Tür hinter sich zugemacht hat. So viele Tage man unterwegs war, so viele Tage muß man in seinem Zimmer absitzen, bis man wieder allein ist und versuchen kann, etwas anzufangen mit sich. Was auf der Reise passierte, wird gern zum Gespenst. Am hartnäckigsten wird man verfolgt von den Sätzen, die man da und dort selber gesagt hat. Am Achtzehnten war die Diskussion. In Berlin. Über Deutschland natürlich. In Gedanken sind längst alle Sätze, die ich dort gesagt habe, durch solche ersetzt worden, die ich lieber gesagt hätte, die mir aber dort nicht eingefallen sind. Die Diskussion geht weiter, auch wenn alle Sätze schon ausgetauscht sind. Auch die neu ins Feld geschickten Sätze erweisen sich als nicht haltbar. (…)“
Und aus „Seelenarbeit“ ist diese Stelle:
„Wenn uns das Licht naht, hat der Pfarrer Hillmann gepredigt, werfen wir einen schwarzen Schatten. Wenn die Finsternis naht, werfen wir einen weißen Schatten. Dieser weiße Schatten ist Gott. Laut Pfarrer Hillmann. Denk an Gleitze, und schon wirfst du einen weißen Schatten. Sowas von einem weißen Schatten wie du wirfst, wenn du bloß an Gleitze denkst." (Denkt Xaver Zürn, der Chauffeur von Dr. Gleitze.) "Gleitze ist ein Bischof. Aber ja. Und du hast das nicht bemerkt. Gleitze schaut doch genau so aus seiner Wäsche wie die Herren auf den alten Bildern aus ihrer Wäsche schauen. Truchseß Gleitze, Fürst Gleitze, Dr. Gleitze, Heilandzack."
In einem Interview hat Martin Walser von dem weißen Schatten gesprochen, den ein Buch werfen soll. Deshalb sei es ihm wichtig, Bücher gut ausgehen zu lassen.