Zarathustra kam an einem Donnerstag

 

Oktober 2014. Eine kleine Stadt im Süden Baden-Württembergs: Iris und Arne nehmen einen Flüchtling auf. Er kommt aus dem Norden Afghanistans und heißt Zar, Abkürzung von Zarduscht oder Zarathustra. Und damit kommt der Zarathustra von Nietzsche ins Spiel.

Arne hat als junger Mann versucht, die DDR zu verlassen, Zar ist aus Afghanistan geflüchtet. Das müsste sie eigentlich verbinden, aber je länger sie zusammen wohnen, desto mehr entfernen sie sich voneinander. Zar träumt mit Nietzsches Zarathustra von einem Gott, der tanzen kann und Arne ist angezogen vom Willen zur Macht.

Als Arne zum ersten Mal zu einem Treffen der AfD geht, gibt es die Partei noch nicht lange. Auf Nietzsche haben sich die Nazis bezogen, auf Nietzsche beziehen sich die Strategen der AfD. Ein Missverständnis? Nietzsche hat sich abfällig über Demokratie geäußert, er hat sich aber auch lustig gemacht über Nationalismus und Deutschtümelei.

"Der Eine geht zum Nächsten, weil er sich sucht, und der Andre, weil er sich verlieren möchte. Die Ferneren sind es, welche eure Liebe zum Nächsten bezahlen; und schon wenn ihr zu fünfen miteinander seid, muss immer ein sechster sterben. Meine Brüder, zu Nächstenliebe rathe ich euch nicht: ich rathe euch zur Fernsten-Liebe." (Nietzsche, Also sprach Zarathustra, Rede von der Nächstenliebe)

Ich zeige, wie sich die Spaltung unserer Gesellschaft bei der Frage, wie man mit geflüchteten Menschen umgeht, auch im persönlichen Bereich niederschlägt. Das Beziehungsgefüge von Arne, Iris und Zar bekommt Risse im Spannungsfeld von Willkommenskultur und Flüchtlingskrise. Ein Vorgang, in dem sich aktuelle gesellschaftliche Prozesse spiegeln.

 

Katrin Seglitz: Zarathustra kam an einem Donnerstag
Hardcover, Lesebändchen, 280 Seiten, 24 Euro